„Schwarz weiß. Preußen und Kolonialismus“ – Kai Abruszat eröffnet Sonderausstellung im LWL-Preußenmuseum

Die neue Sonderausstellung „Schwarz weiß. Preußen und Kolonialismus“ im LWL-Preußenmuseum Minden thematisiert vom 3. November bis zum 4. Juni 2023 die Verstrickung Preußens und des Deutschen Kaiserreichs in die Kolonialgeschichte und deren Folgen – sowohl in den kolonialisierten Gebieten als auch Westfalen-Lippe, sowohl historisch als auch aktuell. Diese Ausstellung wurde von Kai Abruszat als Stellvertretendem Vorsitzenden der Landschaftsversammlung am Donnerstag im LWL-Preußenmuseum offiziell eröffnet.

Die 500 Quadratmeter große Ausstellung legt ein besonderes Augenmerk auf das 19. Jahrhundert, um den Beitrag des Königreichs Preußen mit den Landesfarben schwarz und weiß zur Kolonialgeschichte zu verstehen. Sie erzählt aber auch von den kolonialpolitischen Versuchen Preußens bereits im ausgehenden 17. Jahrhundert, als an der westafrikanischen Küste zu Handelszwecken das Fort Großfriedrichsburg, benannt nach dem Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg-Preußen, gegründet wurde.

Die Ausstellung zeigt, wie Unternehmerfamilien in der Folge über die Häfen in Bremen und Hamburg florierenden Handel aufbauten und damit eng in den transatlantischen Sklavenhandel verstrickt waren. Nach der Berliner Afrika-Konferenz 1884/85 baute das Deutsche Kaiserreich auch formal eigene Kolonien auf, so etwa Deutsch-Südwestafrika (heute Namibia) und Deutsch-Ostafrika (heute Tansania). Imperiales Expansionsstreben führte zu Kolonialkriegen, von denen der gegen die Herero und Nama im heutigen Namibia inzwischen als erster Völkermord im 20. Jahrhundert gilt. Das letzte Kapitel der Ausstellung widmet sich den Formen der Erinnerung an die Kolonialzeit seit der Weimarer Republik bis in die Gegenwart.

Ereignisse wie die Gewerbeausstellung in Minden 1914 und die Lebenswege von People of Color, die durch Missionare in das Kaiserreich verschleppt wurden, verdeutlichen, wie die kolonialen globalen Verflechtungen auch in Ostwestfalen Spuren hinterließen.

Die Sonderausstellung ist ein Kooperationsprojekt mit dem Arbeitsbereich „Geschichte als Beruf“ am Fachbereich Geschichtswissenschaft der Universität Bielefeld. Über zwei Semester haben sich 18 Studierende ein profundes Verständnis von Kolonialismus in Preußen und im Deutschen Kaiserreich erarbeitet und in sechs Forschungsgruppen entschieden, welche Aspekte des Kolonialismus sie in der Ausstellung erzählen und auf welche Weise sie diese vermitteln möchten.

„Im LWL-Preußenmuseum ist es unser zentrales Anliegen, historische Themen mit hohem sozialpolitischem Gegenwartsbezug zu erzählen, Geschichtsvermittlung neu zu denken und uns in Fragen gesellschaftlicher Relevanz einzumischen und Position zu beziehen“, so Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger, Kulturdezernentin des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL). „Die Ausstellung antwortet auf die aktuelle gesellschaftliche Herausforderung, sich genau mit dieser kolonialen Vergangenheit auseinanderzusetzen und adäquate Formen des Aufarbeitens und des Erinnerns zu finden. Das beinhaltet beispielsweise die Diskussionen um die Restitution von Kulturgut. Genauso wichtig ist es, globalen Handelsbeziehungen zu beleuchten, um deutlich zu machen, wie sehr diese weiterhin auf ehemaligen kolonialen Strukturen basieren beziehungsweise bis heute davon profitieren“, sagte Rüschoff-Parzinger, die auch Vorstandsvorsitzende der Stiftung Preußen in Westfalen ist.

„Kolonialgeschichte war nicht schwarz-weiß, auch wenn die kolonialen Akteure und Akteurinnen die Welt in solche Kategorien einteilen wollten. Menschen in und aus kolonisierten Regionen unterliefen häufig diese Kategorien und wehrten sich gegen die koloniale Gewalt“, berichtete Museumsleiterin Dr. Sylvia Necker. „Nichtsdestotrotz ist dieses koloniale Denken auch heute noch verbreitet. Wir möchten mit der Ausstellung auf diese Mechanismen aufmerk-sam machen und dafür sensibilisieren, diese und auch sich selbst kritisch zu hinterfragen. Dies tun wir etwa anhand von Fragen wie: Wie und wo wird an die Geschichte des Kolonialismus erinnert? Wo sind Spuren der Kolonialgeschichte heute noch zu finden? Was hat Kolonialismus mit uns und unserer diversen Gesellschaft zu tun? Die Ausstellung verknüpft auf diese Weise die Vergangenheit mit der Gegenwart und ruft dazu auf, sich der Vielschichtigkeit des Themas zu stellen: Mit allen Graustufen, die sich zwischen schwarz und weiß finden.“

 



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